Die Überholung der Verbraucherschutzrichtlinie gehört zu den Dingen, die – dem Berichterstatter Andreas Schwab (EVP) sei dank – sehr gewissenhaft im Europaparlament behandelt werden, keine Spur vom wilden Chaos anderer Abstimmungen in den Ausschüssen. Dieses Valium der Sorgfalt bekommt nicht jedem seiner Kollegen sehr gut, aber es nimmt angesichts von 1500 Änderungsanträgen kaum Wunder, wenn die alte Forderung nach “impact assessment” einmal konsequent bedient wird. In der geplanten Richtlinienneufassung geht es vor allen Dingen um Verträge zwischen Anbietern und Konsumenten, um zulässige Geschäftsbedingungen. Hier wissen wir alle aus eigener Erfahrung, dass da einiges im argen liegt. Entsprechend stark der Druck und das Interesse an einer schwachen ordnungspolitischen Handhabe der betroffenen Wirtschaftszweige. Die Gefahr sich im Detail zu verlieren ist groß, das haben die Mitglieder des Ausschusses erkannt, die vor einem barock anmutenden Text stehen.
Für den 10. Januar ist nun eine Review der digitalen Aspekte im IMCO-Ausschuss auf dem Kalender. Es soll eine Art Metabericht “Briefing Paper” präsentiert werden. Ob dabei auch die für uns Konsumenten so wichtigen Fragen der Interoperation von digitalen Medien angesprochen werden, die nur ganz vereinzelt in den mehr als 1500 Änderungen angerissen werden, das vermag ich nicht zu sagen. Gerät-Programm Verbandelung bleibt für Konsumenten sicherlich ein Ärgernis der besonderen Art, gerade weil manche Länder wie z.B. Belgien zeigen, dass es auch besser geht. Ein unglücklicher Trend nicht nur technisch sondern sogar vertraglich mit dem Kunden die Verfügungrechte über sein Eigentum zu beschränken. Im alten digitalen Markt lobe man sich Microsoft und kritisiere Apple für die Haltung in der Frage, das Szenario ist durch die Smartphones aber noch viel größer geworden.
Verdächtig ist ausserdem, dass ausgerechnet die Finanzindustrie nicht von der Neuregelung der Richtlinie betroffen werden soll, und das in einer Zeit, wo die ausdrücklichen Deregulierungsanstrengungen des ehemaligen Kommissars Charlie McCreevy im Finanzbereich jede politische Unterstützung verloren haben. Als Optimist kann man vermuten, dass da noch etwas kommt als Paket eigener Art, um z.B. mit den unmöglichen Geschäftspraktiken eines gewissen Anbieters aus Luxemburg aufzuräumen, der sich auf die Abwicklung von eCommerce Bezahlungen spezialisiert hat und weitgehend unbehelligt die Grenzen der Legalität beim Kunden austestet. Mir kam es neulich so vor, als seien deren Beschwerdehotlines eine beträchtliche Einnahmequelle. Aber hier sehen wir ein Konstruktionsproblem der Europäischen Union, das einen von der Finanzindustrie wirtschaftlich beherrschten Zwergstaat wie Luxemburg politisch überrepräsentiert, und damit jede ordnungspolitische Handhabe unterminieren kann. Eigentlich muss aber auch jedem klar sein, dass die elektronische Bankdienstregulierung sehr komplex ist; so komplex ist, dass es nicht “knee jerk” Änderungsanträgen im Ausschuss zu einer allgemeinen Richtlinie für den Verbraucherschutz und selbst dem sorgfältigsten Berichterstatter überlassen werden darf. Schwab mag wohl seine Vorsicht in einem Gefühl des “never touch a running system” begründet haben. Für seine eigenwillige Sorgfalt sollten ihm seine Kollegen dankbar sein.
Die Abstimmung ist übrigens schon für den 26. Januar vorgesehen, ein Termin an den man nicht so recht glauben kann.
Berichterstatter: Andreas Schwab (EPP, DE)
Schattenberichterstatter:E. Gebhardt (S&D); R.Rochefort (ALDE); E. Turunen (Greens/EFA);
A. Bielan (ECR); K. Triantaphyllides (GUE/NGL); M. Salvini (EFD).
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