“Der Ouzo hat an den Finanzmärkten einen faden Beigeschmack.”, solche plakativen Phrasen aus der Fernsehdebatte nimmt sich ein CARTA-Artikel von Meyer-Lucht aufs Korn. Der Vorwurf ist eine Orientierung der ARD-Berichterstattung und Diskussion an der Regierungsposition:
“Beim ARD-Brennpunkt zu [den Zahlungsschwierigkeiten des Eurolandes] Griechenland dominierten wirre Expertenstatements und der Transport von Regierungspositionen. “
Als Slogan ist der Ouzo aber fantastisch. Bei den Finanzthemen gelangt Berichterstattung immer schnell an ihre Grenzen. Vielleicht werden da ganz andere Formate und Bildungsprogramme benötigt. Grundsätzlich trifft die vernichtende Kritik von Meyer-Lucht auf die allermeisten Formate im Fernsehen zu. Es gibt für alle Bereiche der Wirtschaftspolitik ein oft dominates populäres Narrativ, das vereinfachen muss. Medienvertreter bauen viel zu oft falsche Orientierungsrahmen. Es ist normal, dass sich Experten die Haare raufen. Medienberichterstattung kann aber immer nur “second best” sein. Sie muss ein Thema in das erzählbare Format zwängen.
Bei der referierten Kritik von Storz/Arlt wird der Journalist zu einem Konsensgeber, dem Verantwortlichen für die Synthese der heterogenen Meinung:
Die Beiträge bestehen oft aus einer Aneinanderreihung von Statements, so dass das Publikum mit inhaltlichen Widersprüchen alleine gelassen wird. Die Redaktion ist faktisch Transporteur von Statements, Pressemitteilungen und Redeausschnitten, aber selten journalistischer Verarbeiter und Orientierungs-Geber.
Ich kann jedem die Lektüre von Lyotards Bericht “Das postmoderne Wissen” empfehlen, insbesondere das, was er zu konkurrierenden “Sprachspielen” schreibt. Wissen ist immer auch Mythologie, das heisst ein Kampf der Narrative. Naiv wäre es zu glauben, dass irgendwer aus diesem Spiel aussteigen darf. “Die positive Wissenschaft”, merkt er an, sei
…kein Wissen. Und die Spekulation nährt sich von ihrer Beseitigung. Derart beinhaltet die Hegelsche spekulative Erzählung in sich selbst und nach Hegels eigenem Zugeständnis einen Skeptizismus hinsichtlich der positiven Erkenntnis.”
Politik und der allgemeine öffentliche Diskurs in einer Demokratie, die beide keine Wissenschaft sein wollen und sein sollen, sind erst recht stets imperfekt. Es ist ihr Wesen, ihre Offenheit. Es bleibt also nur die Aufgabe, “bessere” Kontroversen zu ermöglichen ohne in eine positive Finalität der Entscheidung umzuschlagen, die den selbstzufriedenen Technokraten kennzeichnet, der eine verdeckte Elimination der Entscheidung betreibt. Währungspolitik wurde viel zu lange dem Fachmann überlassen, erst jetzt findet sie den Weg zurück in die demokratische Arena. Das Entsetzen des Experten ist garantiert.
“Bei gleicher Kompetenz hängt der Zuwachs an Performität… also letztendlich von dieser “Phantasie” (”imagination”) ab, die entweder erlaubt, einen neuen Spielzug durchzuführen, oder die Regeln des Spiels zu verändern”.
Genau dieses Herausfallen aus dem Mechanismus kennzeichnet die derzeitige Krise, es ist die Chance der Gestaltung. Derzeit sagt ein Narrativ, die Deutschen sind verantwortlich, wenn die Griechen gegen den gemeinsamen Plan handeln. Was ist eigentlich mit den anderen Staaten der Währungsgemeinschaft? Wie ist das Prinzip der Gerechtigkeit im Währungssystem realisierbar, wo alles mit allem “auf Gedeih und Verderb” verbunden ist?
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